Kulturgeschichte
Licht löst überwiegend positive Assoziationen aus. Als Sinnbild für Fortschritt, Wohlstand und eine aufregende, glitzernde Großstadtkultur wurde das elektrische Licht so seit seiner Etablierung in den 1880er Jahren geradezu zum Symbol der (urbanen) Moderne. Die Revolution der Beleuchtungssysteme führte zu einem tiefgreifenden Wandel der Arbeits- und Lebensweisen, etwa durch die Möglichkeit zur Nachtarbeit oder zur besseren Kontrolle des nächtlichen Straßenlebens. Städte wie die „Elektropolis" Berlin waren nicht nur faktisch Orte umfassender künstlicher Beleuchtung, sie wurden als solche auch bewusst in Szene gesetzt, um ihre urbane Modernität zu betonen (siehe etwa Werbewoche „Berlin im Licht" 1928). Das künstliche Licht trug durch seine Verwendung als Inszenierungsmittel und Machtinstrument nicht nur maßgeblich zur Veränderung des offenen – und damit öffentlichen – Raums bei, es bewirkte auch eine Neu- und Umwertung urbaner und ländlicher Nachtlandschaften. Die Konnotation von Dunkelheit mit (ländlicher) Rückständigkeit, Armut, Gefahr und Verbrechen verstärkte sich dabei, je mehr die hell erleuchtete städtische Nacht zum Normalfall wurde.
Diese negative Beurteilung von Nacht und Dunkelheit war – und ist – allerdings ebenso wenig universal wie die uneingeschränkte Befürwortung von elektrischem Licht und Moderne. So wurden von Beginn an auch die negativen Effekte der künstlichen Beleuchtung auf Mensch und Tier, Stadtbild und Landschaft oder den Energieverbrauch moniert und eine Reduzierung der „Lichtverschmutzung" angemahnt. Beispielsweise kritisierten Natur- und Heimatschützer die nächtliche Illumination von Gebäuden und technischen Gerätschaften (v.a. Flutlichtanlagen und Leuchtreklamen). Diese Gegner elektrischer Beleuchtungssysteme wurden in der kultur- und umwelthistorischen Forschung bislang allenfalls am Rande bzw. als Vertreter einer antimodernen Zivilisationskritik behandelt. Im Vordergrund der meisten Arbeiten zum künstlichen Licht stand dessen Bedeutung als Symbol der städtischen Moderne. Für eine differenzierte Geschichte künstlicher Beleuchtungssysteme müssen die Entstehung, Entwicklung und Veränderungen der technischen Infrastruktur, ihrer Funktionen und Symbolwerte jedoch ebenso berücksichtigt werden wie die Interessen und Institutionen, die mit ihnen in unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Kontexten verbunden waren.
Projekte zu diesem Forschungsfeld:
Das IRS forscht zu dem Thema: "Die Karriere des künstlichen Lichts in Berlin-Brandenburg seit dem 19. Jahrhundert aus kultur- und umwelthistorischer Perspektive".